"Die Existenz selbst, das Existieren ist ein Streben und ist ebenso pathetisch wie komisch; pathetisch, weil das Streben unendlich, d.h. gegen das Unendliche gerichtet, Unendlichmachung ist, was das höchste Pathos bedeutet; komisch, weil Streben ein Selbstwiderspruch ist. Pathetisch angesehen, hat eine Stunde unendlichen Wert, komisch angesehen, sind 10.000 Jahre ein Narrenstreich gleichwie der gestrige Tag, und doch besteht die Zeit, in der sich der Existierende befindet, aus solchen Teilen. Wenn es nur einfach und direkt ausgesprochen wird, daß 10.000 Jahre ein Narrenstreich seien, so geht mancher Tor mit und findet, das sei Weisheit, aber vergißt das andere, daß eine Sekunde unendlichen Wert hat. Wenn es heißt, eine Stunde habe unendlichen Wert, dann stutzt der eine und der andere und kann besser verstehen, daß 10.000 Jahre unendlichen Wert haben, und doch ist das eine ebenso schwer zu verstehen wie das andere, wenn man sich bloß Zeit läßt, zu verstehen, was verstanden werden soll, oder wenn man auf eine andere Weise bei dem Gedanken, daß keine Zeit, nicht eine Sekunde zu verschenken ist, so unendlich ergriffen wird, daß die Sekunde unendlichen Wert bekommt."

Sören Kierkegaard, Philosophische Brocken. Abschließende unwissenschaftliche Nachschrift. Erster Teil


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